So entsteht ein Drehbuch – Ein schonungsloser Blick hinter die Kulissen
Sie denken, ein Drehbuch entsteht schlicht und ergreifend dadurch, dass sich jemand hinsetzt und es schreibt? Nun, das ist lediglich ein kleiner Teil der Wahrheit. Bei der Entstehung eines Drehbuchs sind nämlich – anders als beispielsweise bei einem Roman – mehrere Personen beteiligt. In diesem Artikel möchten wir Ihnen gerne einen schonungslosen Blick hinter die Kulissen der Branche geben.
Am Anfang ist immer die Idee
Jedem Drehbuch liegt ganz am Anfang eine Idee zugrunde. Dies kann eine interessante Wendung sein, ein bemerkenswerter Charakter, den Sie im Kopf haben, aber auch ein inspirierender Schauplatz. Der Autor arbeitet diese Idee nun aus und lässt ein Konzept daraus werden. Möglicherweise werden Sie nun vermuten, dass nun der Schreibprozess des Drehbuchs startet, sobald alle Eckpunkte der Geschichte abgesteckt sind. Bis dahin ist es aber noch ein weiter Weg.
Aus der Idee wird ein Exposé
Um Ihre Idee an den Mann zu bringen, müssen Sie sich an die Spielregeln der Branche halten. Niemand kauft die Katze im Sack. Gerade Schriftsteller, die schon Romane veröffentlicht haben, müssen hier ganz gewaltig umdenken. Denn während manche Verlage es durchaus gut finden, wenn bereits die erste Fassung des Manuskripts fertig ist, ist dies bei Drehbüchern unerwünscht. Aus Ihrer Idee müssen Sie also als Allererstes ein Exposé erstellen. Auch Treatments oder Bilder-Treatments sind ausgesprochen hilfreich, wenn es darum geht, den Stoff an den Mann zu bringen.
Die Option
Haben Sie einen Fernsehredakteur, einen Produzenten oder eine Filmproduktionsfirma gefunden, die Ihren Stoff grundsätzlich gerne umsetzen möchte, so wird Ihr Exposé in der Regel für einen bestimmten Zeitraum optioniert. Meistens ist dies für ein Jahr. In diesem Jahr hat der jeweilige Optionent die Möglichkeit, zu prüfen, ob der Film grundsätzlich realisierbar ist. Hierfür muss in der Regel viel Geld aufgetrieben werden. Filmförderungsanstalten der Bundesländer müssen kontaktiert werden und auch die Unterstützung von öffentlich-rechtlichen Fernsehsendern kann ausschlaggebend dafür sein, ob die Gelder zusammenkommen.
An dieser Stelle eine schlechte Nachricht: Lediglich 1 von 10 optionierten Stoffen meistert diese Hürde. Aber trösten Sie sich, für die Optionierung erhalten Sie trotzdem zumindest ein kleines bisschen Geld.
Kompromisse
Sollte Ihr Stoff zu den glücklichen Gewinnern gehören und sollte tatsächlich umgesetzt werden, dann müssen Sie, gerade als Neueinsteiger, leider davon ausgehen, dass Sie nun einige Kompromisse machen müssen. Der Produzent muss das spärlich zur Verfügung stehende Geld so effizient wie möglich nutzen können. Demzufolge folgt nun eine ernüchternde Phase, in der Sie gebeten werden, teure Schauplätze auf billigere Drehorte zu verlegen, Nebenfiguren zu streichen und deren Funktion auf andere Figuren zu übertragen oder vielleicht sogar Teile der Geschichte ins Ausland zu verlagern, da sich unter Umständen eines unserer Nachbarländer unter dieser Auflage an der Finanzierung des Films beteiligt.
Die Meinung der Entscheidungsträger
Neben solchen offensichtlich finanziellen Rahmenbedingungen, die Sie zu viel Flexibilität in Ihrer Geschichte drängen, werden sich außerdem viele Entscheidungsträger in Ihre Geschichte einmischen. Schließlich ist das Drehbuch noch nicht geschrieben und bisher existiert bloß ein Konzept, in das Sie allerdings zugegebenermaßen bereits sehr viel Zeit und Mühe investieren mussten. Gerade Fernsehredakteure wollen nun Einfluss auf die Geschichte nehmen in Hinblick auf die Zielgruppe des Senders. Aber auch Filmproduktionsfirmen und Produzenten haben Wünsche, die es diplomatisch zu prüfen gilt.
Die Schreibphase startet
Heureka! Nachdem nun ausreichend an Ihrem Stoff herumgedoktert wurde und die Marschroute klar ist, dürfen Sie endlich beginnen, die erste Fassung Ihres Drehbuchs zu schreiben. Mittlerweile haben Sie schon längst einen Drehbuchvertrag unterschrieben, in dem ein fester Betrag ausgehandelt worden ist. Die Zahlung erfolgt in der Regel gestaffelt, weswegen bereits mit Abgabe der ersten Fassung auch das erste Geld fließt. Ein Glück, denn bis hierhin haben Sie ja lediglich Kleckerbeträge für Optinierungen erhalten.
Überarbeitungen
Nachdem Sie mit der ersten Fassung fertig sind, wird ein Treffen einberäumt. Mittlerweile steht auch der Regisseur fest sowie womöglich auch schon die Schauspieler für die Hauptrollen. Auch hier endet die Entstehung des Drehbuchs noch lange nicht, denn gerade mit dem Regisseur kommt nun ein wichtiger Mensch hinzu, der ebenfalls mitreden möchte. Es folgen also Meetings, in denen Änderungswünsche geäußert werden. Abermals müssen Sie so diplomatisch wie möglich auf diese eingehen und anschließend die zweite Version schreiben.
Diese Phasen sind für gewöhnlich recht ärgerlich für uns Autoren, da wir ja schließlich schon bei der ersten Fassung unser Bestes gegeben haben, aber immerhin fließt nach wie vor Geld.
Die endgültige Abnahme
Normalerweise ist die Anzahl an Fassungen, die Sie schreiben müssen, vertraglich geregelt. Oftmals beinhaltet ein standardisierter Drehbuchvertrag, dass Sie insgesamt drei Fassungen liefern. Haben Sie also genug Flexibilität bewiesen, damit alle Beteiligten mit dem Drehbuch leben können, aber sich auch nicht zu weit verbogen, sodass es immer noch Ihre Geschichte ist und nicht die von jemand anderem, so wird das Drehbuch abgenommen und der Film liegt ab jetzt in der Hand des Regisseurs und seines Teams.
Fazit
Von der Idee bis hin zu der endgültigen Fassung eines Drehbuchs vergeht mitunter sehr viel Zeit. Als Autor wird Ihnen leider erst die Arbeit an einem Drehbuch angemessen vergütet, sobald die Finanzierung für dieses zustande gekommen ist. Legen Sie also lieber Ihren Fokus darauf, Ideen und Stoffe zu entwickeln und diese zu vermarkten. Ungefragt geschriebene Drehbücher stehen nämlich leider bei all diesen Schritten, die zur Entstehung gehören, unter keinem guten Stern.